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Eine
Nacht in Lodz
Als ich von Andreas Konzert in Lodz erfuhr, fragte ich am
Frühstückstisch ganz "diplomatisch" Wolfgang, meinen
Mann, wie weit
diese Stadt von Erfurt entfernt sei. "Nicht weit"
erhielt ich zur
Antwort. Sofort packte ich die Gelegenheit beim Schopfe und
erwiderte
"Wenn es nicht weit ist, dann fahren wir nach Lodz, denn
Andrea
Bocelli gibt dort ein Konzert!" Dann ging alles Schlag auf
Schlag,
Kartenkauf, Hotelbestellung, Aussuchen eines Zwischenaufenthaltes
( nach genauer Recherche kamen am Ende mehr als 750 km zusammen,
also
doch nicht ganz so nah!), Beschäftigung mit Polen als Reiseland
im
allgemeinen und mit der Stadt Lodz im besonderen, denn außer
Vicki
Leandros "Theo, komm mit nach Lodz" wussten wir ziemlich
wenig über
unser Ziel. Und nun verging die Zeit wie im Flug, der Koffer wurde
gepackt und los ging die Fahrt mit unserem kleinen Auto. Die erste
Etappe endete 10 km vor Frankfurt an der Oder in Pagram. Am nächsten
Tag erreichten wir Lodz, das "Manchester des Ostens" mit
seinen
schönen Kirchen, Museen und alten ehrwürdigen Fabrikantenpalästen.
Sofort marschierten wir nach dem Verstauen von Auto und Gepäck
zur
Atlas Arena, um zu erkunden, wie am 29. April alles laufen wird.
Oh je! Das Umfeld der Arena war ernüchternd, so gar kein Ambiente
für
Andrea, die seit langem herrschenden Temperaturen und die große
Trockenheit machten alles noch ein wenig schlimmer.
Aber dann kam der Sonntag und wie vor jedem Konzertereignis die
letzte
ganz große Aufregung. Der einzige Trost: Wir mussten uns keine
Sorgen
wegen des Wetters machen, ich denke da an einen Sommer in der Toskana,
in dem wegen eines gewaltigen Sturmes die Generalprobe ausfiel und
auch das Konzert selbst infrage stand. Diesmal hatten wir ein Dach
über dem Kopf! Als wir am Abend an der Arena ankamen,
beherrschten
festlich gekleidete Menschen das Bild, das ließ uns den Eindruck
des
Vorabends schnell vergessen. Erfreulich empfanden wir die sehr
zahlreichen Besucher jüngeren Alters.
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Dieses Bild leuchtete uns auf einer großen Video-Leinwand
entgegen.
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- Schnell füllte
sich die riesige Halle, nur wenige Sitze blieben frei. Die
überwiegend jungen Artisten des L`autunno Orchestra (ich fand
keine
Übersetzung) nahmen ihre Plätze ein, desgleichen der Akademische
Chor
der Technischen Universität von Lodz, Musikformationen mit sehr
erfolgreicher Tradition.
Und dann begann das Konzert. Eröffnet wurde unter der bewährten
Leitung des Dirigenten Marcello Rota mit "Va pensiero"
aus Verdi`s
Nabucco. Und dann kam, begleitet von lang anhaltendem Applaus,
Andrea.
Schon nach den ersten Tönen des "Intanto amici qua`"
aus Cavalleria
rusticana von Pietro Mascagni waren sie vergessen, die Gedanken
und
Sorgen, die einem im Kopf herum spukten, dominiert von der Frage,
wie
wird es weitergehen nach dem großen Glück der Geburt von
Virginia. Er
war wieder da, der Zauber der Stimme, die unser Herz erhellt!
Viel zu schnell verklangen die wunderbaren Arien aus Tosca, Lucia
di
Lammermoor, La Boheme, Il Trovatore und La Traviata des 1. Teiles.
Der Teil 2 brachte uns mitreißende, vielfach neapolitanische Klänge
wie "Mamma", "Funiculi funicula", die
alle begeistert mit stürmischem
Beifall vom Publikum begrüßt wurden. "Canto della terra"
ging wie
stets unter die Haut. Aber auch die sehr zu Herzen gehenden
Darbietungen "Ave Maria" von Schubert und "Panis
Angelicus" von
Franck, gewiss eine Hommage an des Publikum von Lodz, gingen sehr
zu
Herzen.
Paola Sanguinetti war als "Tosca" ergreifend im Solopart
und sehr
gefühlvoll als Duettpartnerin von Andrea, hervorhebenswert als
"Mimi".
Zugaben wie "Can`t help falling in Love" und "The
Prayer" mit einer
beachtlichen Ilaria della Bidia als special guest sowie "Conte
partiro" mit Paola Sanguinetti - welche Worte soll man noch
finden, um
auszudrücken, was einen bewegt? Und zum Schluss unvergleichlich:
"Nessun dorma".
Unbegreiflich wird mir bleiben, wie angesichts der kurzen
Probezeit
die Perfektion des Zusammenspiels von Orchester, Chor und Solisten
erreicht werden kann.
Diese "Nacht in Lodz" wird für mich unvergesslich sein,
wenngleich die
Hügel der Toskana fehlten, die Teil der Seele von Andreas
Darbietung
sind.
Danke, Andrea, alle guten Wünsche für Dich, Deine Familie und
Deine
Kunst!
Margrit Tischer aus Erfurt
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